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Wittlicher Wissenschaftsdialog
Dekarbonisierung und Klimaschutz im deutschen Mittelstand
Mit Förderung der Stiftung Stadt Wittlich und in Kooperation mit der Sparkasse Mittelmosel – Eifel Mosel Hunsrück und der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank eG führte das Forschungszentrum Mittelstand der Universität Trier am Mittwoch, 29. Juni, 18.00 Uhr die Veranstaltung „Wittlicher Wissenschaftsdialog“ in der Kultur- und Tagungsstätte Synagoge, Himmeroder Straße 44 in Wittlich durch.
Bürgermeister Joachim Rodenkirch begrüßte die zahlreichen Gäste in der Kultur- und Tagungsstätte Synagoge Wittlich auch im Namen des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Edmund Schermann und des Vorstandssprechers der Vereinigten Volksbank Michael Hoeck. Rodenkirch bedankte sich für die hervorragende Kooperation mit den regionalen Banken, mit der Universität Trier und dem Forschungszentrum Mittelstand. Der Universitätspräsident Professor Michael Jaeckel betonte in seinem Grußwort die Wichtigkeit der Verbindung von Wissenschaft und Praxis als auch der Vernetzung der Universität in die Region hinein.
Wie man bei Gerolsteiner Natur und Klima schützt
Geschäftsführer Roell Annega gibt beim „Wittlicher Wissenschaftsdialog“ Einblicke in Maßnahmen und Pläne des Brunnens.
Wie kann man Wissenschaft und mittelständische Unternehmen gewinnbringend zusammenbringen? In Wittlich hat man mit den „Wittlicher Wissenschaftsdialogen“ eine Antwort gefunden, die von der Stadt und dem Forschungszentrum Mittelstand der Universität Trier organisiert werden. In der aktuellen Veranstaltung - unterstützt von der Stiftung der Stadt Wittlich, der Sparkasse Mittelmosel und der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank - ging es um das Thema Klimaschutz und Dekarbonisierung im Mittelstand, um die Reduzierung von Emissionen und CO2-freie Unternehmen.
Professor Jörn Block, Sprecher des Forschungszentrums Mittelstand der Universität Trier, präsentierte eine Studie seines Instituts, wie die Einstellung von mittelständischen Unternehmen zum Thema Klimaschutz ist. 450 Unternehmen mit Mitarbeiterzahlen zwischen 50 und 6000 wurden befragt. Die Mehrzahl dieser Unternehmen hat ihren CO2-Ausstoß bereits reduziert, 115 wollen bis 2030 CO2-neutral sein, allerdings gaben auch 90 Firmen an, den Ausstoß nicht reduzieren zu wollen, viele haben keine konkreten Ziele und Zieljahre festgelegt, was die Emissionen betrifft.
Bei der Frage, warum sie Klimaschutz betreiben wollen, wurde vor allem der Druck des Gesetzgebers genannt, danach folgten Punkte wie „ein besseres Image haben“, Kosten senken, Kundenwünsche berücksichtigen oder Zugang zu finanziellen Mitteln erhalten. Das Forschungszentrum hat zudem festgestellt, dass größere Unternehmen und „Hidden Champions“ eher ambitionierter in Sachen Klimaschutz sind als kleine, und dass dort auch Stellen für den Bereich Klimaschutz geschaffen würden. „Wer stark wächst und zudem im Topmanagement klima-affin ist, hat höhere Klimaziele“, sagte Block: „Und: je größer der Druck von Außen, desto mehr steht das Thema auf der Agenda.“
Ein regionales Unternehmen, das sich dem Thema Klima- und Naturschutz schon seit vielen Jahren angenommen hat, ist der Gerolsteiner Brunnen. Roell Annega, der Vorsitzende der Geschäftsführung beim Brunnen, erläuterte die zahlreichen Maßnahmen des Unternehmens. „Unsere Produkte sind rein wie die Natur, deswegen müssen wir die Natur auch schützen“, ist das Motto bei Gerolsteiner. Das Thema beginnt schon dort, wo Gerolsteiner seine Quellen hat: es gibt Kooperationen mit Landwirten, die im Einzugsgebiet keinen Dünger mehr verwenden, pro Jahr werden vom Brunnen in der Vulkaneifel 40.000 Bäume in neuen Mischwäldern gepflanzt, mit dem Ansatz „gesunder Wald für gesundes Wasser“.
Seit 2020 ist der Gesamtbetrieb von Gerolsteiner klima-neutral, dies wurde durch zahlreiche Investitionen, aber auch Klimazertifikate zum Beispiel zur Aufforstung von Wäldern in Indonesien und Peru erreicht. Bis 2030 will man auch inklusive aller Lieferanten und den Logistikpartnern 59 Prozent weniger Co2 produzieren, um das 1,5-Grad-Klimaziel des Unternehmens zu erreichen. Seit 2017 setzt der Gerolsteiner Brunnen auf Ökostrom, mittlerweile werden bei der Verladung elektrisch betriebene Gabelstapler eingesetzt. In Planung ist zudem ein Biomasse-Kraftwerk, das ab 2024 mit Eifeler Hackschnitzeln betrieben werden soll. Bereits umgesetzt wurde eine Senkung der Temperatur bei der Flaschenwachanlage, um den Energiebedarf zu senken, sowie eine Gewichstreduktion der Flaschen, um die Emissionen beim Transport zu senken.
Ein wichtiges Thema für den Brunnen ist der Kreislauf ihrer Gebinde - Flaschen aus Glas oder PET. 40 Prozent aller Gerolsteiner-Flaschen sind Mehrweggebinde, 60 Prozent Einweg. Eine Glasflasche lässt sich 50 Mal befüllen, eine Mehrweg-PET-Flasche zehnmal. 98 Prozent der Einweg-PET-Flaschen werden recyclelt - aber nur 32 Prozent des geschredderten Materials von Einwegflaschen wird wieder eine Einwegflasche. „Wir fordern eine viel höhere Quote, viel mehr Flaschen sollen wieder zu Flaschen“, sagt Annega.
Gerade im Bereich der Logistik arbeitet Gerolsteiner intensiv mit den Speditionen zusammen, es geht unter anderem um das Thema alternative Antriebe der LKW und eine Verlagerung der Transporte auf die Schiene - dies ist aber nur mit einer durchgängigen Elektrifizierung und einer Zweigleisigkeit der Eifelstrecke Trier - Köln möglich. „Dann könnten wir 80 Prozent unserer Produkte über die Schiene transportieren, dann würden fast keine LKW mehr durch Gerolstein fahren“, sagt Annega. Pro Tag verlassen aktuell rund 200 LKW den Brunnen.
Generell ist es für den Geschäftsführer wichtig, die eigenen 861 Mitarbeiter und auch alle Zulieferer konsequent auf dem Weg zu mehr Klimaschutz mitzunehmen. „Kommunikation ist alles“, sagt der Niederländer, und verweist auf einen Workshop mit Zulieferer und Spediteuren: „Alle unsere Partner waren begeistert von unseren Ambitionen und wollen in Sachen Klimaschutz mitziehen. Aber bei allen Maßnahmen muss man natürlich auch die Kosten im Blick haben.“
Aber Annega ist zuversichtlich, dass sich „alle Investitionen in CO2-Neutralität langfristig auszahlen. Es wird keine leichte Reise. Wir müssen das Thema auch deswegen durchsetzen, damit wir als Premiummarke am Markt bleiben. Wir müssen zudem einfach in allen Bereichen effizienter werden, gerade in der aktuellen Lage.“