Großes Landschaftstheater – erfolgreiche Vernissage der neuen Ausstellung in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus


„Diese Ausstellung muss man auf sich wirken lassen“ begann Bürgermeister Joachim Rodenkirch seine Ansprache in der voll besetzten Kultur- und Tagungsstätte Synagoge, wo die Vernissage der Ausstellung „Großes Landschaftstheater – Britische Maler des 19. Jahrhunderts an der Mosel“ am letzten Sonntag eröffnet wurde. Sie begeistere ob ihrer Ästhetik, so der Bürgermeister weiter, und wecke viele Assoziationen. Ihm sei die Arbeit eines Klimaforschers, der u.a. den heftigen Vulkanausbruch 1814 auf der Insel Tambora im heutigen Indonesien beschreibt, in den Sinn gekommen. Der Aschestaub vernebelte die Atmosphäre derart, dass man in Europa vom „Sommer, der kein Sommer war“ sprach. Der Wissenschaftler erklärt die leicht verschwommene, diesige Himmelsdarstellung auf zeitgenössischen Gemälden von Caspar David Friedrich und William Turner mit dieser Naturkatastrophe.

 

Gut 140 Kunstfreundinnen und -freunde besuchten die Vernissage und erfuhren in den Ausführungen des Kurators, Herrn Dr. Richard Hüttels, viel über die Reisefreude der Briten im 19. Jahrhunderts. Vor allem romantische Flusstäler wie die Loire, die Maas, der Rhein und eben die Mosel faszinierten die Reisenden. Häufig hielten sie ihre Eindrücke in Texten, Reisetagebüchern und Beschreibungen fest. So äußerte sich Mary Shelley, die Autorin des berühmten Romans „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ ausführlich über die Schrecken ihrer Moselreisen in den Jahren 1840 und 1842. Die Berge, so Shelley, seien extrem steil und es sei fürchterlich heiß, die Dörfer ärmlich und schmutzig, aber die Landschaft grandios.

Auf den Gemälden der Ausstellung sieht man in der Tat Berge, die alpin wirken und einen zart verhangenen Himmel. Einen Vorgriff auf den Impressionismus vermeinten sowohl Bürgermeister Rodenkirch als auch Dr. Hüttel zu erkennen. Thomas Miles Richardsons (1813-1890) Gemälde „Grevenburg bei Traben-Trarbach“ aus dem Jahre 1851 ist ein großartiges Beispiel für diese Darstellungsweise. Ein gewaltiges Himmelsbild in zarten rosa und blau Tönen überdeckt die beiden oberen Drittel des Bildes. Wie durch Nebelschwaden verschleiert steht im Zentrum des unteren Drittels ein steiler Felsen mit der Ruine der Burg, die einen geheimnisvollen Ausblick ermöglicht.

„Kunst ist außerstande, eine identische Nachahmung auch nur eines Objekts und erst recht nicht aller Objekte zu geben, die eine Landschaft ausmachen. Können alle Blätter eines Baumes und all seine Äste in ihrer Formvielfalt wiedergegeben werden? Unmöglich. Alle Grashalme und Kräuter? Unmöglich. Alle die ungezählten Erscheinungen bewegten Wassers. Unmöglich. Alle Gebäude, die eine Stadt aufweist und alle ihrer Fenster und Türen? Unmöglich. Gibt es irgend etwas in der Landschaft, das tale quale (so, wie es ist) nachgeahmt werden könnte? Nein, es gibt nichts dergleichen.“ Das schrieb James Duffield Harding (1798-1863) in seinen 1845 erschienenen „Principles and Practice of Art“. Die Kunst kann nur eine Ahnung der unauslotbaren Tiefe, der Vielfalt der Natur geben; eine „Nachahmung des Unnachahmlichen“.

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist die berühmte Darstellung Bernkastels des heute bekanntesten britischen Malers des 19. Jahrhunderts; William Turner (1775-1851). Zu seiner Zeit galt Clarkson Stanfield (1793-1867) als ihm ebenbürtig. Die Times bezeichnete ihn sogar als den herausragenderen Künstler. Von ihm und seinem Sohn, George Clarkson Stanfield sind etliche Arbeiten in der Wittlicher Ausstellung zu bewundern. Clarkson Stanfield arbeitete auch als Theatermaler, schuf großartige Kulissen für dramatische Werke. Ein Aspekt, der auch seine Gemälde verstehen lässt. Landschaftstheater: ein in Pastelltönen verhangener Himmel über alpin anmutenden Bergen, ein Sonnenstrahl zaubert ein Glitzern auf die Wellen der Mosel, eine Burgruine thront in der Höhe, während unten im Tal pittoreske Häuschen, kleine Boote und fleißige Menschen zu sehen sind. Und so bezaubert die Idylle der Romantik einen jeden Betrachter, jede Betrachterin.

Die Ausstellung „Großes Landschaftstheater – Britische Maler des 19. Jahrhunderts an der Mosel“ ist noch bis zum 22. Januar 2023 in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus zu sehen.

Öffnungszeiten: montags bis samstags: 9 bis 17, sonn- und feiertags: 14 bis 17 Uhr

Im Rahmenprogramm werden folgende Veranstaltungen angeboten:

  • Vortrag: Britische Gemälde nach Deutschland vermittelt. Ein Gespräch mit dem Kenner britischer Kunst, Bernd Hardy.
    Donnerstag, 10.11.2022, 18.00 Uhr, Altes Rathaus

  • Filmvorführung: „Mr. Turner – Meister des Lichts“
    Mit anschließendem Weinempfang.
    Donnerstag, 17.11.2022, 18.00 Uhr, Kinopalast Eifel, Mosel, Hunsrück

  • Führung durch die Ausstellung
    Donnerstag, 24.11.2022, 18.00 Uhr, Altes Rathaus

Weitere Informationen unter info@kulturamt.wittlich.de oder 06571/1466-0