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Schulen in herausfordernder Lage
„Nach wie vor hängt der Bildungserfolg in Deutschland zu sehr von der Herkunft ab, das hat PISA bestätigt. Unser Ziel aber sind gute und gerechte Bildungschancen für alle Kinder. Deshalb stärken wir gezielt Schulen in herausfordernder Lage sowie Schülerinnen und Schüler, die nicht so gute Voraussetzungen haben wie andere: mit zusätzlicher Schulsozialarbeit, der Schulleitungsqualifizierung ‚S4 – Schule stärken, starke Schule‘ und seit diesem Schuljahr den Familiengrundschulzentren. Ich freue mich, heute hier zu sehen, wie die Familiengrundschulzentren vor Ort mit Leben gefüllt werden“, sagte Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig in Wittlich. Sie besuchte die Grundschule Georg-Meistermann sowie das Mehrgenerationenzentrum „WILàvie“ in Wittlich, wo am Freitag der offizielle Startschuss für die dortigen „Familiengrundschulzentren als multiprofessionelle Orte in der Schule“ (FamOS) fiel.
Familiengrundschulzentren sind „Knotenpunkte“, an denen vielfältige Angebote für Kin-der und deren Familien gebündelt werden. Drei Säulen umfasst das Projekt: Bildung mit gezielten Angeboten für ein gutes Lernen, etwa qualifizierte Hausaufgabenhilfe oder Sprachkurse für Eltern; Beratung für Kinder und Eltern, etwa Sprechstunden, Schuldenberatung oder Kochkurse für gesunde Ernährung; sowie soziale und kulturelle Angebote wie Nähkurse oder Selbstverteidigung, um positive Erlebnisse zu ermöglichen und soziale Kompetenzen und Vernetzung zu fördern. Sie werden seitdem aktuellen Schuljahr zunächst in Wittlich und Koblenz pilotiert.
„Als Bürgermeister von Wittlich freue ich mich, als Pilotkommune für die Einrichtung von Familiengrundschulzentren ausgewählt worden zu sein. Durch die Schaffung der Zentren möchten wir dazu beitragen, dass Kinder nicht nur eine erstklassige schulische Ausbildung erhalten, sondern auch von einem umfassenden Unterstützungsnetzwerk profitieren, das ihre individuellen Bedürfnisse und die ihrer Familien berücksichtigt", sagte Wittlichs Bürgermeister Joachim Rodenkirch. In Wittlich profitieren insgesamt mehr als 800 Kinder an den vier Grundschulen Georg-Meistermann, Bombogen, Friedrichstraße und Wengerohr von „FamOS“. Herausforderungen, vor denen die Schulen dort stehen, sind beispielsweise bildungsferne Elternhäuser, in denen die Eltern teilweise selbst nicht richtig lesen und schreiben können, wenig Kenntnis über Schule und ihre Strukturen haben, und die Kinder folglich etwa kaum Unterstützung beim Lernen, aber auch beim Organisieren des Schulalltags erfahren. Hier setzen die Familiengrundschulzentren an, in dem sie die Eltern mit ins Boot holen, Hürden gegenüber Schule abbauen und Eltern Unterstützung zum Beispiel bei notwendigen Formalitäten oder dem Besorgen der Schulmaterialien erhalten.
Konkrete Vorhaben in Wittlich wurden vorbereitet und teilweise schon umgesetzt. Dies sind z.B. Angebote, die die Eltern mit einem Dolmetscher bei der Bearbeitung von Anträgen auf Lernmittelfreiheit unterstützen. Eine wöchentliche Sprechstunde an einem Nachmittag pro Woche wird angeboten und es gibt die Möglichkeit des Austausches mit anderen Eltern, der Schulleitung und den FamOS-Mitarbeitenden in der monatlich stattfindenden Aktion “Kaffee, Tee und mehr“. Des Weiteren sind auch bereits sehr gute Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern geführt worden. Maßnahmen wie Koch- und Sportangebote sowie Sprachkurse sind in der Planung. Nachdem die Eltern sukzessive durch die Steuergruppen über FamOS informiert und gleichzeitig ins Projekt integriert werden, können die Bedarfe und Bedürfnisse der Familien ermittelt werden.
Zudem wurde als Baustein für die Elternarbeit das Programm „Bücherkoffer“ ins Leben gerufen, das seit Ende 2023 durch alle sieben FamOS-Schulen „rollt“. „Leider ist der Zugang zu kindgerechter Literatur nicht für alle Familien möglich. Der Bücherkoffer deckt also einen wichtigen Bedarf und zugleich werden die Eltern in besonderer Weise einbezogen. Dabei setzt der Bücherkoffer auf mehrsprachige Bücher und fördert hiermit die Familiensprache, um auch das Deutschlernen zu erleichtern. Kindern fällt das Lesenlernen in der Schule leichter, wenn ihnen schon früh und häufig vorgelesen wird. Das gemeinsame Lesen ist bei ihnen zumeist mit sehr positiven Gefühlen belegt. Dar-über hinaus wird die Kooperation zwischen Eltern und Schule unterstützt, das hat auch positive Folgen über das Projekt hinaus“, so die Ministerin.
Umgesetzt wird „FamOS“ gemeinsam mit der Wübben Stiftung Bildung, die in Nord-rhein-Westfalen seit 2015 die Entwicklung von Familiengrundschulzentren unterstützt. „Die Familiengrundschulzentren sind eine Erfolgsgeschichte. Wir freuen uns nun über den Transfer des Konzepts in ein weiteres Bundesland, der durch das große Engagement des Landes möglich wird,“ so Dr. Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung. „In enger Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung und den Kommunen erproben wir, wie dieser Ansatz in Koblenz und Wittlich erfolgreich sein kann. Die Erkenntnisse, die wir in diesem Prozess erlangen, lassen sich anschließend auch für andere Kommunen in Rheinland-Pfalz gewinnbringend nutzen.“
Nach einem Rundgang durch die Grundschule Georg-Meistermann und einem Aus-tausch mit Stadtvertretungen und den Leitungen der beteiligten Grundschulen wurde im Mehrgenerationenzentrum „WILàvie“ der feierliche Startschuss für die Familiengrundschulzentren gegeben. Das Mehrgenerationenzentrum WILàvie umfasst neben dem Haus der Jugend die KiTa Brautweg und den Kinderschutzbund Bernkastel-Wittlich e.V..
„Im September 2020 habe ich einen Förderbescheid über 1,2 Millionen Euro für die Kita im Mehrgenerationenzentrum WILàvie überbracht, heute sehe ich sie gefüllt mit Leben und eingebettet in dieses zukunftsweisende Projekt für Kinder, Jugendliche und Senioren. Genau wie bei den Familiengrundschulzentren folgt die Stadt hier dem Grundgedanken, Einrichtungen noch stärker zu vernetzen und den Sozialraum in den Blick zu nehmen. Das ist genau der richtige Ansatz, um die Kinder und Familien von Beginn an bestmöglich zu fördern und sich für ein gutes Miteinander stark zu machen. Ich danke der Stadt daher sehr für ihre Bereitschaft, mit neuen Konzepten mutig voran-zugehen“, so die Ministerin. Sie dankte zugleich der Wübben Stiftung Bildung, dass sie ihre Expertise einbringen, um die Familiengrundschulzentren in Rheinland-Pfalz umzusetzen.